Sonntag, 1. August 2010

2. Tag - Saint Jean Pied de Port - Orisson

Die Anreise mit dem Zug war nicht ganz so entspannt, da der TGV von Ulm nach Paris doch sehr überfüllt war und zudem die Gänge in diesem Zug furchtbar eng sind. Natürlich sind wir nicht in den richtigen Wagon eingestiegen. Somit mussten wir quer durch den halben Zug mit unserem sperrigen Gepäck auf dem Rücken – kein Spaß. Steffi: mein Held Wolfang stapfte zunächst mit seinem eigenen Rucksack durch die Masse an Fahrgästen, um dann wieder zu mir zurückzukehren und auch noch meinen Rucksack durch die Menge zu hiefen :-). /
In Paris angekommen, nahmen wir die Metro, um vom Bahnhof im Osten in den Bahnhof im Süden zu gelangen. Unglaublich, wie viele verschiedene Nationalitäten, ethnische Gruppen und Religionen in Paris aufeinander treffen. Ich habe hierbei versucht im französischen Untergrund bewusst einen sehr aufmerksamen Eindruck zu machen, obwohl ich doch recht müde war. Da es doch gerade in solchen Großstädten vor Taschendieben nur so wimmelt. Nachdem wir unseren Bahnhof im Süden erreicht hatten, stiegen wir in den Nachtzug, das heißt, auf 10 Quadratmeteter schlafen 6 Menschen und das heißt auch, dass irgendwer immer schnarcht. Obwohl wir beide Ohrstöpsel drin hatten, sind wir irgendwann nachts aufgewacht, weil die Leute unter uns um die Wette "sägten". Ich hab mir zwischenzeitlich überlegt, ob ich absichtlich ganz laut aufstehe und auf die Toilette gehe, einfach um alle aufzuwecken mit der Chance, der Schnarcherei kurz zu entgehen. Steffi: noch dazu muss man sagen, dass mein Französisch eigentlich recht gut ist, aber der Dialekt der alten, modrig riechenden Menschen (Zitat Wolfgang), eine Mischung aus Spanisch und Französisch zu sein schien. Madame Schnarchnase machte keinerlei Anstallten mir zu verstehen zu geben, dass sie nicht ganz oben unter Dach sozusagen schlafen wolle. Was tut man nicht alles...und noch mehr, denn das kleine Abteil stand randvoll mit sämtlichen Taschen und Tüten. Und die Türe muss geschlossen bleiben, denn sonst würde man umgebracht werden. Also gut. Gute Naccht./ Insgesamt gesehen, war aber der Nachtzug eine gute Sache. Wir kamen halbwegs ausgeschlafen in Bayonne an. Steffi: Für Nichtwissende: Wolfgang unterschlägt an dieser Stelle, dass wir Bayonne nicht auf direktem Weg erreicht hatten. Nein....sonst wären wir nicht Wolfgang und Steffi, die seelig schlafen, mit der festen Überzeugung, der Zug halte dort, wo wir aussteigen müssen. (unsere Überzeugung heißt in diesem Fall, Wolfs Annahme, denn Steffi, unruhig wie immer, hatte vorsichtshalber den Wecker gestellt, um dies zu überprüfen. Leider konnte ich mich nicht durchsetzen und so kamen wir im spanischen Irun an). Etwas irritiert und völlig frustiert, da die Senora an der Information uns überhaupt nicht weiterhelfen konnte, fand die erste emotinale Auseinandersetzung zwischen Wolf und mir statt. Beide gehemmt, in einer fremden Sprache zu sprechen, fanden wir dann relativ schnell einen netten älteren Mann, der über sich selbst sagte: " Ihr deutsch, Ich....Latino". Er war ungefähr 70 Jahre alt und grinste uns dabei mit wenig Zähnen an :-). Wie schön ist Gastfreundschaft. Er begleitet uns bis zu einer Art Bahn und so waren wir auf dem besten Weg nach Bayonne bzw. Saint Jean Pied de Port. (in Bayonne lösten wir natürlich erst einmal falsche Tickets und unsere ersten 16 € waren futsch. Lektion des Tages: Erst fragen, dann machen! / Da unser Anschlusszug erst 2 Stunden später kam, hatten wir Gelegenheit uns kurz in der Stadt umzusehen. Zu unserer Verwunderung viel uns sehr schnell auf, dass 95% der Leute in weiß mit rotem Tuch gekleidet waren – Bingo, hier war so eine Art Stierkampffest oder ähnliches. Gerne wären wir ein bisschen länger geblieben, aber nach einem Kaffee stiegen wir in unseren Anschlusszug zu unserem Ausgangspunkt der Pilgerreise, nach Saint Jean Pied de Port.
Nach einer Pizza und einem (Steffi: schlechtem, mit ekligen Sardellen) Salat, beschlossen wir um 14:00 Uhr noch eine erste Teiletappe nach Orisson zu nehmen. Schon aus dem Pilgerführer wussten wir, dass es dieses Teilstück der Pyrenäenüberquerung in sich hat. Der Pilgerführer hat recht behalten. Die lediglich 8 Kilometer waren sehr schweißtreibend, doch wir fanden schnell unser Tempo und liefen in 3 Stunden zu unserer Herberge in Orisson. Hier angekommen, gab es um 18:30 ein gemeinsames Pilgermenü, bestehend aus einer sehr leckeren Gemüsesuppe, eine Art Schweinebraten mit Bohnen-Kartoffelgemüse und einem Stück Marzipankuchen. Um 10 Uhr gingen in der Herberge die Lichter aus und alle schliefen doch recht schnell ein. Steffi: während des Abendessen lernten wir einige Franzosen und zwei spanische Brüder kennen. Für Wolfgang sehr schwer, daran teilzuhaben, da er kein französisch spricht oder versteht. Bei der Vorstellungsrunde aller Pilger, übernah ich den Part und stellte uns vor. Dazu muss man sagen, dass ich manchmal nicht einmal in Bayern in einer Bäckerrei einen Wecken kaufen kann, da ich aufgrund meines schwäbischen Dialektes in diesem Moment nicht im Mittelpunkt stehen will. Mit Händen und Füßen und einem netten Lächeln, haben wir auch das überstanden.

Im Nachtzug
Im Nachzug

Schwere Etappe nach Orisson
Noch zu Scherzen aufgelegt

Herberge in Orisson
Aussicht aus Zimmer in Orisson

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen