Donnerstag, 9. September 2010

Letzter Tag - Die Hochzeit

Finale! Nach einer langen Reise mit vielen Erlebnissen ist es soweit - der Tag der Trauung. Für uns sollte dieser Tag der Höhepunkt unserer gemeinsamen Reise auf dem Jakobsweg werden. Ein wetterprüfender Blick am Morgen verhieß allerdings nichts gutes, denn es regnete in Strömen. Allerdings war ich noch guter Hoffnung, den der Wetterbericht des Vortages kündigte für 17 Uhr, unsere Trauungszeit, "nur" eine Regenwahrscheinlichkeit von 20 Prozent an und glücklicherweise hörte es zum späten Nachmittag zu regnen. Wäre auch schade gewesen, denn schließlich hat es die gesamten 5 Wochen Wanderung nur einmal geregnet.
Die Trauung war für 17 Uhr angesetzt. Gegen 13 Uhr trennte sich heute unser gemeinsamer Weg für die folgenden 4 Stunden zum ersten seit 31. Juli. Steffi hatte nämlich um 13:30 Uhr den Frisörtermin und zog anschließend ihr Kleid in der Unterkunft ihrer Eltern an und ich zog mich bei meinen Eltern um.
15 Minuten vor 17 Uhr sah ich zum ersten mal meine wunderschöne Steffi in ihrem Kleid.
Wir gingen nun gemeinsam Richtung Kirche und hatten natürlich alle Blicke auf uns gerichtet. In einem Ort wie Santiago, der einen der wichtigsten Pilgerorte der Christen darstellt, könnt ihr euch vorstellen wie viele Leute unterwegs sind. Gerade als Brautpaar steht man natürlich total im Fokus. Im Vorfeld hatte ich Bammel das alles gut geht. Es könnte ja eine Taube vom Dach auf Steffi's Kleid schei... oder einer von uns beiden fliegt vor 1000 Leuten auf die Schnauze. Es ging zum Glück alles gut.
Die Trauung, die der in unser Herz geschlossener Pfarrer Stefan Schacher zelebrierte, war für meinen Geschmack sehr gelungen. Bei der Predigt merkte man einfach, dass es auch für Stefan ein besonderer Moment war und das freute uns natürlich umso mehr.
Nach der Kirche gings gemeinsam mit den 20 Gästen in ein nahe gelegenes Restaurant. Allerdings erwartete uns dieses wohl später, denn obwohl mit dem Restaurantchef ausgemacht war, dass es ein paar Häppchen und Cocktails geben sollte, war etwas wenig vorbereitet. Letztendlich nicht so schlimm, denn alles wurde mit spanischer Gelassenheit überspielt. Das Essen dagegen war ausgezeichnet. Es gab Tapas, die spanische Spezialität Pulpo gegrillt (Krake), Fisch, Rindfleisch und eine kleine Hochzeitstorte. Jeder wurde satt, wenn nicht sogar gemästet.
Gegen halb zwölf ging ein wunderschöner Tag zu Ende.






Die Schöne und das Biest




Brautpaar und vier "Wandervögel"




Vor dem Traualtar


Frisch vermählt





Freitag, 3. September 2010

Tag 33: Pedrouzo - Santiago

Letzte Etappe – endlich! Am letzten Tag starteten wir schon um 7 Uhr von unserer Herberge aus. Nach 20 Metern war aber schon der erste Boxenstop in der örtlichen Bäckerei angesagt. Tee, Kaffee, Croissant und Orangensaft und das alles umsonst. Umsonst aber nur, weil ich dachte Jürgen hätte schon für uns bezahlt, was er vorher auch anständig abnickte, aber wohl nur hieß, dass sein Frühstück bezahlt ist. Also haben wir heute mal schön die Zeche geprellt, allerdings nicht böswillig. Angetrieben vom Endspurt waren wir schon kurz vor 12 Uhr in Santiago.
Nach einer Stärkung im Restaurant machten wir uns auf die Suche nach einer Bleibe für die kommenden Tage. Das war ein leichtes Unterfangen, da es hier an jeder Ecke Hotels und Pensionen gibt. Unsere Unterkunft hier ist echt ok und die Nacht im Doppelzimmer kostet nur 30 Euro. Nach kurzer Siesta gings um 17 Uhr zum Pilgerbüro, hier holten wir uns die "Compostela", die Pilgerurkunde ab.
Steffi's und auch mein Wunsch war es, die stinkenden Wanderklamotten gegen vernünftige Straßenkleidung zu tauschen. Wie in jeder Stadt, gibt es auch hier viel mehr Damenbekleidungsgeschäfte als Herren... ich hab nix gefunden und lauf auch noch nen Tag später mit einer Lochhose und Pfeil-T-Shirt rum, Steffi dagegen ist im feinsten Zwirn gekleidet. Sponsored by Ehemann. Ja da kann ich mich gleich mal an die nächsten 50 Jahre gewöhnen, ab jetzt heißts buckeln und kuschen für mich.
Die nächsten Tage gilt es noch einige Dinge zu erledigen. Ein Restaurant für die Feierlichkeit muss gefunden werden, Steffi und ich müssen zum Frisör, Brautstrauß und solche Dinge müssen organisiert werden. Zum Glück haben wir aber unseren Pfarrer der uns trauen wird, dieser ist ortskundig ist und spricht sehr gut spanisch.





Ein Haufen voller Wanderstoecke im Pilgerbueroeingang
Kathedrale
Weihrauchfass schenkt in der Kathedrale

Oesterreicher laeuft ein...





Tag 32: Arzua - Pedrouzo

Mit einer gewissen Freude traten wir heute die vorletzte Etappe an. Mit dabei war der Österreicher Jürgen und zeitweise das Pilgerurgestein Manfred. Da es heute etwa 20 km waren, sind wir relativ entspannt angekommen. Der Weg führte uns dabei teils durch künstlich angelegte Waldstücke. Jeder Baum hat den gleichen Abstand zum nächsten – hässlich! Diese Wälder sind Eukalyptuswälder, welche zur Papierfertigung in Spanien genutzt werden. Es roch beim durchwandern ganz leicht nach Hustenbonbon.
In Pedrouzo angekommen, übernachteten wir heute noch ein letztes Mal in einer öffentlich galizischen Herberge. Heute waren besonders viel Deutsche unterwegs, das merkte man spätestens, als ein Typ seine "Klampfe" rauszog und heimische Volksweisen anstimmte. Ich konnte zu später Stunde noch zwei Teller Nudeln von der bereits bekannten spanischen Gruppe schnorren, waren ganz lecker. Von mir gabs dafür einen leckeren Wein, den ich günstig für 1,31 Euro im Supermarkt erstanden hab. Allerdings war das wohl ein Kassenfehler, denn der Wein war Jahrgang 2002 und lauter Weinkenner Manfred ein echtes Schnäppchen. Leider gingen um 22:30 Uhr schon wieder die Lichter aus, das sind eben die lästigen, aber auch verständlichen Gesetze in den Herbergen.

Montag, 30. August 2010

Tag 31: Palas de Rei - Arzua

Seit gestern merkt man deutlich, dass auf den Wegen viel mehr los ist. Der Grund dafür ist, dass man die "Compostela", das ist die Pilgerurkunde, erhält, wenn man die letzten 100 km läuft, bzw. 200 km mit dem Fahrrad fährt.
Man kann dem ganzen Trubel etwas entgehen, wenn man man früh genug los läuft. Was wir auch gemacht haben, denn wir hatten heute nochmal eine harte 30 km Etappe vor uns. Ursprünglich waren nur 27 gekplant, aber da wir noch fit waren, als wir den Zielort erreichten, beschlossen wir noch 3 km bis zur nächstgrößeren Stadt zu laufen. In Arzua angekommen, wollten wir so schnell wie möglich was essen. Allerdings war das gar nicht so leicht. Im ersten Laden war der Kellner gnadenlos überfordert und nach 15 Minuten warten hatten wir noch nicht mal bestellt. Im zweiten Restaurant wurden wir komplett ignoriert. Erst im dritten Restaurant konnten wir gerade noch ein Tagesmenü kommen, da es inzwischen auch schon fast vier Uhr war und üblicherweise die Küche nachmittags kalt bleibt. Dafür gab es abends für mich noch einmal Pulpa, leckere Krake.
Juergen lach doch mal!
Weggefaehrte Juergen und wir zwei
Gesichtslaehmung!

(ja das ist wohl jetzt vorbei....)



Tag 30: Tag Portomarin - Palas de Rei

Der heutige Tag begann mit einer Nachtwanderung durch ein langes, steil ansteigendes Waldstück. Zum Glück hab ich eine gute Stirnlampe, trotzdem mussten wir gut aufpassen den richtigen Weg zu finden. Auch heute begleitete uns, wie die letzten Tage schon, unser österreichischer Freund Jürgen. Die Strecke war, wie auch gestern schon, nicht sehr spektakulär und ich hab keinen einzigen Schuß mit meiner Kamera abgefeuert.
Unsere Herberge ist im Gegensatz zur gestrigen nicht so toll. Gerade der Herbergenbesitzer scheint mir ein komischer Kautz zu sein. Für den Kerl ist der "Caminohype" ein wahrer Geldsegen. Im Erdgeschoss betreibt der Besitzer eine etwas schmudlige Kneipe in der die kleinstadtansässigen Alkoholiker die Theke freundlich erhellen und quatschen Pilger von der Seite an. Die Stadt hier, Palas de Rei, ist richtig hässlich und auch hier lohnte es sich kein einziges Mal die Kamera zu zücken.
Besonders aufregend war heute folgende Situation: Wir saßen in einem Straßencafe in einer scharfen Außenkurve als ein weißer Ford Transit mit drei schwarzen Passagieren angerauscht kam. Der Fahrer des Transits merkte viel zu spät, dass die Kurve ziemlich scharf ist. Jedenfalls hat er im wahrsten Sinne des Wortes gerade noch die Kurve mit quietschenden Reifen gekratzt. Das hätte ins Auge gehen können und wir wären Matsch an der Kneipenwand gewesen.
Steffi hat heute fast den ganzen Nachmittag und Abend verschlafen. Ich hab mit Jürgen (Toll Juergen) in der Küche gekocht, bzw. Jürgen hat für uns ein Kilo Shrimps in der Pfanne mit Chilli angebraten. Abends saßen wir noch mit 5 Spaniern zusammen und erzählten uns "Camino"-Geschichten.

Tag 29: Sarria - Portomarin

Unser heutiger Weg führte uns nach Portomarin. Hierbei ist zu sagen, Portomarin wurde in den 60er Jahren von einem aufgestauten Fluß überschwemmt und wurde an einer anderen Stelle wieder aufgebaut. So auch die romanische Wehrkirche die Stein für Stein markiert wurde und im Zentrum des neuen Portomarins wieder errichtet wurde.
Die Herberge hier ist ganz neu und super sauber, so wie daheim ;-). Ansonsten gibts vom heutigen Weg nicht so viel zu berichten. Der heutige Weg führte uns durch viele Wälder, kleine Dörfer, Wege umgeben von hügeligem, grünen Land. Inzwischen ist eine Routine eingetreten und das Laufen fällt uns beiden viel leichter als in den ersten 10 Tagen. Die ganzen Schmerzen in den Sehnen und Gelenken sind komplett weg. Ok, natürlich haben wir nicht immer Bock zu laufen, gerade wenn die Landschaft nicht so spannend ist oder der Weg einfach schlecht ausgebaut ist.

Sonnenaufgang









Donnerstag, 26. August 2010

Tag 28: Triacastela - Sarria

Heute sind wir erst um kurz vor sieben Uhr gestartet, was unter Pilgerfreunden schon sehr spät ist. Hier gilt noch der Spruch: der frühe Vogel fängt den Wurm. Morgens ist das laufen einfach leichter. Der Weg ging rauf und runter, an Kuhweiden vorbei, durch Kuhdörfer mit maximal fünf Häusern, das Landschaftsbild ist ähnlich zu unserem daheim. Mir ist aufgefallen, dass seit Beginn unseres Weges überall Brombeersträucher sind, hoch genug gepflückt sind diese sehr lecker.

In der Kleinstadt Sarria sind wir nach kurzer Restaurantsuche in einer Pulperia gelandet. Diese war bis zu unserem Eintreffen ausschließlich von Einheimischen besucht, also gingen wir davon aus, dass es ein gutes Lokal ist. Pulperia ist in Spanien wie für Bayern der Biergarten. Hier gibt es Pulpo, das ist gekochte Krake (kein Tintenfisch) mit Öl, Salz und Paprika. Ich habs probiert und fands gar nicht so schlecht. Das ganze Treiben in der Pulperia glich mir wie ein "Kesselfleischessen" daheim. Der Koch holt aus einem großen Kupferkessel eine große Krake und schneidet mit einer Schere die Arme in kleine Stücke. Diese kommen in eine kleine Schale, werden mit Öl übergossen und mit Salz und Paprika gewürzt, dazu gibt es Weißbrot und Wein.

Die Herberge hier ist ürigens sehr gut, alles sauber und sehr geräumig. Allerdings fällt mir auf, je näher wir an Santiago kommen, desto höher werden die Herbergenpreise. Die hier teuerste liegt bei 10 Euro, die günstigste vor x-Kilometern lag bei 4 Euro, bzw. einer freiwilligen Spende.

Sonnenuntergang in O Cebreiro



Die gruene Hoelle

Dem Regen gerade noch entgangen

Platt!

Pulpo (Krake mit Oel, Salz und Paprika)

Tag 27: O Cebreiro - Triacastela

Wolfgang's Text heute:
Der heutige Tag startete mit einer Diskussion zwischen Steffi und mir. Grund dafür war, weil ich heute eine gefühlte Viertelstunde auf Steffi vor der Herberge warten musste, bis sie gemütlich antrabte. Ihre Begründung war, dass im Damenklo so viel los war. Ich habs darauf geschoben, dass sie sich zu viel Farbe ins Gesicht schmiert und es deswegen so lange gedauert hat. Nach einer halben Stunde durch ein dunkles Waldstück schweigend laufen, war unser „Problem“ aber wieder gelöst. Wahrscheinlich war ich auch nur unausgeschlafen. Auf der Strecke gabs keine besonderen Höhepunkte, die Landschaft war genauso schön wie auch gestern schon, es war sehr wenig los auf der Strecke und wir sind heute gut vorangekommen.

Viel interessanter verlief für mich der Abend. Wir waren bereits in unserem heutigen Zielort und auf dem Weg zum Supermarkt als wir einen alten Bekannten wieder trafen. Wie immer hielten wir einen kurzen Smalltalk und verabschiedeten uns. Später traf ich den Kerl, nennen wir ihn einfach mal Bernd (ich will ja niemandem zu nahe treten), in der Herberge wieder. Bernd saß draußen total abgekämpft auf einem Plastikstuhl und rauchte. Ich gesellte mich zu ihm und er erzählte mir die Horrorgeschichten seiner letzten zwei Tage. Ich weiß inzwischen, dass Bernd maßlos übertreibt und so auch heute. Er war angeblich heute 15 Stunden unterwegs auf einem Spezial-Camino, dem Camino-Wolfram, und sei heute 50 km gelaufen usw. Irgendwann redeten wir über die Leute, die sonst noch so auf dem „Camino“ unterwegs sind. Da fing er glatt an zu erzählen, dass es hier auf dem Weg ein Paar gibt, dass gemeinsam nach Santiago läuft und dort heiratet. Klar, er meinte damit uns. Erschreckend war für mich nur, dass er mich nicht mehr erkannte und vergessen hatte, dass ich der vermeintliche Bräutigam bin.
Wir haben seit unserem Start vor fast vier Wochen jede Menge Leute kennen gelernt und es waren überdurchschnittlich viele abgedrehte Persönlichkeiten dabei. Manchmal bedauernswert, aber größeres Urteil will ich mir an dieser Stelle nicht erlauben, da ich deren Schicksale nicht kenne.


Steffi's Text heute:
Heute war für mich (Steffi) irgendwie ein seltsamer Tag. Die relativ kurze Etappe hinunter ins Tal nach Triacastela war schön, mit toller Aussicht auf Berge und Wiesen. Hier und da ein paar Kühe, Hunde, Hühner und Pferde. Teilweise war es sehr windig, dann wieder sehr heiß. Der Abstieg ist für Wolf immer sehr anstrengend, da die Bergwege sehr steinig sind. Dann reden wir nicht viel. Heute haben wir uns am Wegrand saftige Brombeeren gegönnt (die natürlich relativ weit oben hingen, man weiß ja nie). Ansonsten waren diese vor Galicien eigentlich immer nur vertrocknet. Man merkt der Gegend also den Regenreichtum an. Im ersten Örtchen, (jedes Dorf war wirklich ein reines Kuhkaff wie man so schön sagt, denn überall roch es stark nach Gülle - auch der ganze Boden war voll davon) gönnten wir uns wie jeden Morgen eine Tasse Tee bzw. Cola Cacao (so heißt der Kaba hier) und anstatt eines Croissant ein getoastetes Stück Brot mit Magarine und Marmelade. War nicht so der Brüller, aber naja. Ich vermisse ja schon die ganze Zeit über unsere tolle deutsche Brotvielfalt und vor allem Vollkornbrot und Co! Gegen 13 Uhr erreichten wir dann das 1000 Einwohner große Dorf und suchten uns aus der Vielfalt der Herbergen unser Nachtlager. Laut unsres Führers „ein gelungener Neubau hinter einer unscheinbaren Fassade, der traditionelle und moderne Elemente gekonnt vereint.“ Ehrlich gesagt bin ich sehr enttäuscht, denn für starke 9 Euro, die seither teuerste Herberge, kann ich hier beinahe nichts entdecken, worüber ich sagen würde, es sei gekonnt vereint oder dergleichen. Da hatten wir schon bessere und wesentlich günstigere Unterkünfte. Man fühlt sich wirklich abgezockt als armer Pilger. Zwar stehen die Bette im Zimmer ausreichend weit voneinander getrennt und die Sanitäranlagen sind sauber und reichlich vorhanden, aber trotzdem sehe ich doch sofort, was wirklich sauber und ordentlich ist. Nämlich eigentlich nix. Das Waschbecken zum Wäschewaschen steht vor Dreck und Schimmel und hinterm Haus, wo man die Wäsche dann trocknet bzw. aufhängt, liegt auch Müll und Dreck. Für 9 Euro hat sich auch keiner die Mühe gemacht, die Wiese oder den Hof zu gestalten.
Ich glaube aber, dass mir und Wolf das Ganze auch deshalb wieder stark auffällt, weil wir einfach genug haben. Am liebsten lauf ich eigentlich durch die Gegend, wenn ich ehrlich bin :-). Und das Schlimmste kommt noch! Gerade will ich den Überzug über mein Bett stülpen, krabbelt auch schon ein „bedbug“, also eine Bettwanze drüber!!! Wir haben ja immer nur die Spuren der ekligen Dinger an den Beinen der anderen gesehen, aber nie die Biester selbst! Na dann gute Nacht! Ich pack mich auf jeden Fall ganz in meinen Schlafsack ein, egal wie sehr ich schwitze...tsss.
Bis Santiago sind es noch ca. 140 km. Buen Camino !

Mittwoch, 25. August 2010

Tag 26: Villafranca del Bierzo - O Cebreiro

Die heutige 30 km Etappe war bis jetzt eine der schönsten.(Steffi: geplant waren eigentlich nur 24km, aber wir entschieden uns dann spontan, den ganzen Berg zu bezwingen, schon allein wegen der herrlichen Aussicht). Es ging durch viel Natur und Hügelland in Richtung Galicien. Galicien gilt als eines der regenreichsten Gebiete ganz Spaniens. Ich hoffe wir kriegen davon nicht zu viel ab, aber dafür ist alles schön grün. Wenn ich es nicht gewusst hätte, dass wir in Spanien unterwegs sind... es hätte auch Österreich sein können.
Unser Ziel war heute O`Cebreiro, ein reines Touristendorf mit 30 Einwohnern. Alles sehr schön angelegt, aber eben auch sehr tourimäßig aufgezogen. Nach unserer späten Ankunft um 15 Uhr nach etwa 8 Stunden Marsch gab es für uns erst mal eine deftige Nudelsuppe. (Steffi: ich frage mich sehr sehr oft, was da so alles drin ist. Wolf sagt dann immer: Hunger ist der beste Koch). Eigentlich wollt ich ja was "handfestes" zu Essen, aber leider ist das in Spanien in der Nachmittagszeit wegen der Siesta nicht möglich. Ich frag mich nur, was eine spanische Arbeitskollegin meinte, als sie mir vor ein paar Wochen erzählte, dass es in Spanien keine Siesta mehr gäbe und dass das einfach nur ein hartnäckiges Gerücht sei.....aja kein Laden hat auf, die Straßen sind leer und zu Essen kriegt man auch nix! Unser Quartier in O`Cebreiro ist ein reiner Zweckbau, aber dafür ganz neu und sauber. Es gibt sogar Einwegbezüge für Matratze und Kopfkissen. Das ist die erste Kampfansage an die "Bedbugs", die kleinen fiesen schwarzen Biester, die einem das Blut aussaugen wie Zecken. (Steffi: und das vorwiegend als netter Kranz über dem Sockenansatz! Wolf und ich haben uns schon von Beginn an immer wieder gefragt, was für einen seltsamen Ausschlag einige der Pilger am Bein hatte...jetzt wissen wir es..ekelig!!!) In letzer Zeit haben wir viele in Mitleidenschaft gezogene Pilger getroffen, die von den Viechern halb aufgefressen wurden.
Ach ja, Steffi hat nun auch ihre ersten Sehnenprobleme an der gleichen Stelle wie ich und an der Achillesferse. Mit Bandage gehts aber einigermaßen bei ihr und morgen haben wir nur eine kurze Strecke von 22 km vor uns. Meine Probleme halten sich in Grenzen und ich bin bereit für "Strecke machen", wie der "Preis" (Preuse) zu sagen pflegt. (Steffi: ich bin natürlich sehr enttäuscht, dass auf den letzten 200km "schwächel"...tsss...)



Hier ist die Welt noch in Ordnung, allerding die Strassen auch voller Sch.....



Grenzstein zu Galicien

Hobbymodel Steffi


Tag 25: Ponferrada - Villafranca del Bierzo

Nix wie weg aus Ponferrada. Die Nacht war der reine Horror. Das Zimmer war irre stickig und mir ist inzwischen ein großer Schlafsaal mit vielen Leuten viel lieber als ein Viererzimmer mit Fremden. Das greift meine Privatsphäre viel mehr an als in einem anonymen Schlafsaal mit vielen Menschen. (Steffi: ganz meine Meinung. Und außerdem haben die zwei, ich nenne es mal "sehr unsportlichen und gut beleibte Pilger" die unteren Etagen der Stockbetten reserviert. Zum Glück, dachte ich mir im Nachhinein, denn ich habe auf dem Jakobsweg eine Art Neurose entwickelt. Ich habe Ängste, dass ich in der Nacht vom Stockbett erschlagen werde. Trotzdem hat es mich genervt, dass ich mir mein Bett nicht selbst aussuchen konnte. Noch dazu bestand der Überzug der Matratze wieder aus Latex oder einer gummiähnlichen Substanz...da bekomme ich schon Ausschlag nur vom Hinsehen. Zum Glück habe ich eine Isomatte dabei, auch wenn Wolf es immer ziemlich lustig findet, wenn ich das Ding immer auspacke.)
Die Strecke lag heute bei 25 km, ein Teil lief an der Hauptraße entlang. Da aber nicht viel Verkehr in der Gegend ist, geht das recht gut. Unsere Herberge wird von dem angeblichen Wunderheiler Jesus Jato geführt. Ich glaub die rechte Hand legt er auf eine Körperstelle und mit der linken zieht er mir den Geldbeutel aus der Hosentasche. Warum? Weil uns der Kerl sieben Euro für ein Pilgermmenü abgenüpft hat, das eigentlich nur 3 Wert war. Es gab kein Fleisch. Nur ein paar Scheiben Hartwurst und Käse für zu viele Leute und dann noch einen Topf Nudeln mit Sardellen. Ich glaub das Kilo Nudeln wird bei `nem Euro oder so liegen und davon kriegt man wirklich viele Leute satt. Zum Nachtisch gabs leckere Pflaumen, die waren vom Wegrand gepflückt und wohl mit LKW Abgasen überzogen. Hmmmm Lecker! Aber er hat sogar noch ne Flasche Wein rausgerückt nachdem seine Mitarbeiterinnen die Mineralwasserflaschen am Wasserhahn aufgefüllt haben. Toller Wunderheiler, besser wundersamer Geldvermehrer!
Mir egal, ich bin satt geworden und unser Tag war heute gut. Gute Nacht!






Nachtquartier




Herberge von aussen

Montag, 23. August 2010

Tag 24: Foncebadon - Ponferrada

Was gibt es schöneres für einen jungen spanischen Menschen als ein Brettspiel am Sonntagabend im Straßencafe nebenan?! Heute haben wir Ponferrada erreicht und hier ist am Abend richtig viel los. Überall wird gegessen, getrunken, gespielt.... Die Stadt mit etwa 40000 Einwohnern wirkt, wie auch Astorga schon, sehr sauber. Ganz klar, die Leute haben hier eindeutig mehr Moneten als aufm Land.

Vor ein paar Wochen sind wir mal durch ein Dorf gelaufen, irgendwo in der Pampa, weit weg von großen Städten Eine Mutter fegte den Hof, der mehr einem Trümmerfeld glich als einem Hauszugang, daneben spielte ein kleines Mädchen auf dem Boden. Ich dachte mir, armes Kind, was hast du für eine Perspektive hier. Doch glücklich wirkte das Mädchen trotzdem. Hier in Ponferrada herrschen dagegen herrschen Zustände wie im aufgeräumten Deutschland und wahrscheinlich sind die Zukunftsaussichten für junge Menschen auch besser.
Der Weg heute war übrigens ganz schön anstrengend. Wir waren am "Cruz de Ferro". Die Tradition an diesem markanten Punkt des Weges ist, dass man als Pilger einen von daheim mitgebrachten Stein, symbolisch für seine persönliche Laster, abgelegt. Ich habe aber keinen Stein mitgebracht. Der Aufstieg war kein Problem, allerdings hatte ich mit den etwa 3 Stunden Abstieg zu kämpfen. Der Weg war ein einziger Geröllhaufen und meine Sehne tat ihr Übriges um mich Mundtod zu machen. Ich hab während des kompletten Abstiegs auf Steffi's Fragen nur noch mit "Ja", "Nein" und "Hmmm" geantwortet. Ich hatte einfach keinen Bock mehr. Obwohl ich zugegeben muss, dass die Landschaft viel hergab. Die letzte 7 Kilometer nach Ponferrada liefen neben einer Hauptstraße entlang.
In der Herberge angekommen wurden uns zwei Betten in einem Viererzimmer zugewiesen. In den Stockbetten unten lag ein Paar aus England. So ausgeruht wie die aussahen, waren die aber bestimmt noch keinen Meter gelaufen. Die Betten waren total klapprig und die Matratze war mit einem blauen Plastiküberwurf überzogen. Ok das ist vielleicht hygienischer, aber in den Minizimmern ist es meistens so heiß, dass das Plastikzeug immer an der Haut klebt. In der Herberge haben wir wieder die üblichen Verdächtigen aus der letzten Herberge getroffen. Am Abend machten wir noch eine kleine Stadtbesichtigung.
Burg in Ponferrada

Steffi am Lumpenturm "Cruz de Ferro"


Wolf am "Cruz de Ferro"